Das Evangelium in all seinen Formen

Im Jahr 2008 hat der New Yorker Pastor und Council Member der Gospel Coalition Timothy Keller einen exzellenten Artikel über das Evangelium für Christianity Today geschrieben. Eine gekürzte und übersetzte Version habe ich hier gepostet. (als PDF)

Wie Gott, ist das Evangelium beides eins und mehr als das.

Das Evangelium (die Gute Nachricht) wurde einmal als Teich beschrieben, in dem ein kleines Kind waten kann und der doch tief genug ist, sodass ein Elefant darin schwimmen kann. Es ist einfach genug um es einem Kind zu erzählen und doch tief genug um die hellsten Köpfe ein Leben lang zu beschäftigen. Selbst Engel werden nie müde es zu betrachten1.
Das einfache Evangelium

  1. Gott hat dich gemacht und möchte eine Beziehung mit dir haben
  2. Unsere Sünde trennt uns von Gott
  3. Jesus nahm die Bestrafung, die wir aufgrund unserer Sünden verdient hätten auf sich
  4. Wenn du Buße tust und an ihn für deine Errettung glaubst wird dir vergeben, du wirst gerechtfertigt, frei aus Gnade angenommen und der Heilige Geist wohnt dann in dir bis du stirbst und in den Himmel kommst.

Von vielen wird behauptet dies wäre zu individualistisch, dass die Rettung durch Christus nicht so sehr dafür da ist dem einzelnen Freude zu bringen sondern Friede, Gerechtigkeit und eine neue Schöpfung. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass wir gar nicht von dem „ einen Evangelium“ sprechen weil alles kontextuell2 ist und die Bibel selbst mehrere Evangeliums Präsentationen enthält die in Spannung zu einander stehen.
Gibt es das „eine“ Evangelium?
Die Idee, dass es nicht die „eine Gute Nachricht“ gibt ist keine neue Idee. Deutsche Theologen empfanden schon früher, dass das Rechtfertigungs-Evangelium bei Paulus in scharfen Gegensatz zu Jesu Evangelium vom Königreich (Reich der Himmel) stand. Diese Sicht wurde jedoch von C.H. Dodd verworfen der sagte, dass es sehr wohl eine konsistente Gute Nachricht gäbe. Und auch Paulus besteht darauf, dass sein Evangelium das gleiche ist wie das der Jerusalemer Apostel. „Ob also ich oder jene,“ sagt Paulus sich auf Petrus und die anderen beziehend, „SO predigten wir, und SO habt ihr geglaubt.“(1 Kor 15:10 ). Diese Aussage setzt einen einzigen Evangeliums-kern voraus.

Ein Evangelium viel Formen

Also Ja, es gibt ein Evangelium allerdings unterschiedliche Formen in denen es ausgedrückt werden kann. Dies ist der Weg der Bibel über das Evangelium zu reden und wir sollten dabei bleiben. Als Beispiel dafür Paulus. Nachdem er darauf bestanden hatte das es nur ein Evangelium(Gal 1:8)3 gibt spricht er davon mit dem „Evangelium für die Unbeschnittenen“, im Gegensatz zum „Evangelium für die Beschnittenen“, betraut worden zu sein. (Gal. 2:7)4
Individuelle und Gemeinschaftliche Aspekte des Evangeliums leben heut zu Tage nicht in einfacher Harmonie mit einander. Wenn Paulus zu den Griechen sprach konfrontierte er ihre Kultur des Götzendienstes, der Spekulation und Philosophie mit der „Torheit“ vom Kreuz und präsentierte Christi Errettung als wahre Weisheit. Wenn er zu Juden sprach konfrontierte er ihren kulturellen Götzen von Leistung, Macht und Verdienst mit der „Schwachheit“ des Kreuzes und präsentierte dann das Evangelium als wahre Stärke (1 Kor. 1:22-25).5
Eine von Paulus Evangeliums-formen war auf solche Menschen zugeschnitten die glaubten aus Werken gerechtfertigt zu sein und eine andere war auf Heiden zugeschnitten. Beide Ansätze können in den Reden von Paulus in der Apostelgeschichte gefunden werden.
Es gibt auch noch andere Formen. In den synoptischen Evangelien6 wird oft über das künftige Königreich gesprochen. Dieser Begriff fehlt jedoch im Johannes Evangelium nahezu komplett, dass wiederum eher von ewigem Leben spricht. Wenn man jedoch Markus 10:17, 23-34, Matthäus 25:34, 46 und Johannes 3:5,6 und 17 vergleich sieht man, dass „ins Königreich einzutreten“ und „ewiges Leben zu empfangen“ im Prinzip das gleiche ist. Das gemeinsame lesen von Mt 18:3, Mk 10:15 und Joh 3:3, 5 zeigt das Bekehrung, die neue Geburt und das Königreich Gottes wie ein Kind zu empfangen der gleiche Vorgang sind.
Warum also die unterschiedliche Begriffwahl? Wie oft gezeigt betont Johannes den individuellen und innerlichen geistlichen Aspekt davon in Gottes Königreich zu sein. Er versucht zu zeigen, dass es im Grunde kein soziales politisches Programm ist (Johannes 18:36)7. Auf der anderen Seite zeigen die synoptischen Evangelien den Einfluss des Evangeliums auf das Verhalten und die echte soziale Veränderungen die damit kommen. Wir sehen also wieder zwei Formen einen der die individuelle Seite betont und den anderen der mehr die gemeinschaftliche Seite unserer Errettung betont.

Was ist also das eine einfache Evangelium?

Nach Simon Gathercole ist der kleinste gemeinsame Nenner von Paulus und den Synoptikern:
1. Jesus ist der verheißene Messianische König und Sohn Gottes der als Diener in menschlicher Form auf die Erde kommt. (Röm. 1:3-4; Phil. 2:4ff.) 8
2. Durch seinen Tod und Auferstehung sühnte Jesus unsere Sünde und sicherte unsere Rechtfertigung aus Gnade nicht aus Werken (1.Ko 15:3ff)
3. Brach am Kreuz die Herrschaft von Sünde und Bösem über uns (Kol 2:13-15) und bei seiner Wiederkunft wird er vollenden was er begonnen hat durch die Erneuerung der gesamten materiellen Schöpfung und die Auferweckung unserer Körper (Röm 8:18ff)
Er geht dann weiter in dem er in der Lehre Jesu zeigt, dass er der Messias der göttliche Sohn Gottes (Mk 1:1) der als stellvertretendes Lösegeld für viele starb (Mark 10:45), der das dämonische Zeitalter mit seiner Sünde und dem Bösen besiegte (Mark 1:14-2:10) und wiederkommen wird um die materielle Welt wieder her zu stellen (Matt. 19:28.).

Wenn ich diese Gliederung in eine Aussage packen müsste würde ich das folgender weise tun: Durch die Person und das Werk von Jesus Christus vollendet Gott unsere Rettung von Gericht über Sünde in Gemeinschaft mit ihm und stellt die Schöpfung, in der wir unser neues Leben gemeinsam mit ihm für immer genießen können, wieder her.
Eines dieser Elemente war das Herz der alten Evangeliums Präsentationen nämlich Errettung ist aus Gnade allein nicht aus Werken. Es war das letztere Element das gewöhnlich fehlte nämlich Gnade stellt die Natur wieder her. Den vollen Abriss zu haben sollte Christen machen die in beides interessiert sind sowohl Evangelisation als auch Dienst am Nachbarn und Arbeit für Friede und Gerechtigkeit auf der Welt.
Spannung zwischen diesen 2 Aspekten
Diejenigen die den Königreich-Gemeinschaft Aspekt betonen definieren Sünde fast nur in zwischenmenschlichen Begriffen wie Rassismus, Materialismus, Militarismus als brechen von Gottes Frieden. Dies hat zur Folge, dass vernachlässigt wird wie beleidigend Sünde für Gott selbst ist und es lässt meistens jegliche Betonung auf Gottes verstummen. Außerdem kann man den Eindruck erhalten, dass das Evangelium heißt „Gott arbeitet für Gerechtigkeit und Friede in der Welt und du kannst das auch.“
Während es stimmt das die kommende neue Ordnung eine gute Nachricht für alle leidenden ist, verschleiert dies die Wahrheit das Erlösung allein aus Gnade ist und nicht aus Werken und dass ist nicht die Art wie das Wort Evangelium im Neuen Testament benutzt wird.
Die andere Seite die allein aus Gnade durch den Glauben betont vernachlässigt häufig den gemeinschaftlichen Teil (Luke 4:18 Luke 6:20-35). Sorgen für den Nächsten. Ethnisch und Kulturelle Überlegenheit haben mit dem Evangelium der Gnade nichts zu schaffen (Gal 2:14). Großzügigkeit den Armen gegenüber kommt von denen die am Evangelium festhalten (2 Kor 9:13).
Da die Wiederherstellung der materiellen Welt Teil von Paulus Evangelium war (Röm 2:16) sollten wir nicht überrascht sein, dass Jesus heilte und Leute speiste während er das Evangelium Verkündigte als Zeichen und Vorgeschmack seines Königreichs (Mt 9:35).
Diese volle Version des Evangeliums erinnert uns daran, dass Gott sowohl das Materielle als auch das geistliche erlösen wird.

Die Formen in der Predigt

1. Ich nehme nicht alle Punkte in eine Evangeliums Präsentation
Da auch im Neuen Testament selten alle Aspekte des Evangeliums in eine Präsentation zu packen. In der Apostelgeschichte wir in jeder Predigt immer viel ausgelassen, damit einen die Kultur versteht und da es sowieso unmöglich ist die ganze Evangeliums Grundlage auf einmal mit einem Ungläubigen zu teilen.
Manche Teile ergreifen sie mehr als andere und zu Beginn sollte man dabei bleiben. Natürlich muss man dann in irgendeiner Form der Evangelisation oder Jüngerschaft alle Aspekte des ganzen Evangeliums lehren. Aber man muss nicht immer alles sagen.
2. Ich verwende beides ein Evangelium für die Beschnittenen und eins für die Unbeschnittenen
Das Evangelium für die eher Religiösen und für die Heiden denn ich habe herausgefunden das mein Publikum in Manhattan beides enthält, diejenige mit moralisch, religiösem Hintergrund als auch die mit postmoderner, pluralistischer Weltansicht.
Es kommen sowohl Leute vom Islam, aus dem Judentum, Leute mit starkem Katholischem Hintergrund als auch solche aus konservativen protestantischen Kirchen. Solche Leute verstehen Sünde als Verstoß gegen Gottes Gesetz. Dieses Gesetz kann so präsentiert werden, dass sie verstehen, dass sie es nicht erreichen können und dann kann Christus und seine Errettung als einzige Hoffnung für die Vergebung von Schuld präsentiert werden. Dieses traditionelle Evangelium ist ein Evangelium für die Beschnittenen.
In Manhattan gibt es auch viele Postmoderne für die moralische Gesetzte relativ sind. Natürlich muss man ihnen später erklären wie gefährlich Relativismus ist aber man kann ihnen schon eine überzeugende Präsentation geben bevor man sich auf solche apologetische Diskussionen einlässt.
Sünde ist für sie besser, als bauen seiner Identität seines Selbstwerts und seines Glücks auf irgendetwas anderes als Gott, definiert. Was mit einem biblischen Begriff definiert Götzendienst ist. Sünde ist sich Sinn, Rechtfertigung und Rettung von irgendetwas anderem zu erhoffen als von Gott was Angst, Abhängigkeit, Eifersucht und Verbitterung zur Folge hat. Pluralistische Leute reagieren darauf besser und wenn sie einsehen, dass sie verloren sind kann man Christus und seine Errettung als einzige Hoffnung auf Freiheit präsentieren. Das ist mein Evangelium für die Unbeschnittenen.
3. Ich verwende sowohl ein „Königreich“ als auch ein „ewiges Leben“ Evangelium
Ewiges Leben freie Gnade nicht Werke
Für junge Zuhörer die mit ihren eigenen Problemen und ihrer Identität in einer Welt des Konsums nicht fertig werden.
Präsentation: Gott, Sünde, Christus, Glaube
Königreich
Ältere weltliche Menschen glauben sie machen sich ziemlich gut und sind mehr um die Probleme der Welt beschäftigt – Krieg, Rassismus, Armut, Ungerechtigkeit. Sehnen sich nach einem Königreich. Unsere Sünde zerstörte die perfekte Welt was von Jesus als er als unser Stellvertreter die Strafe für unsere Sünde und Bösartigkeit trug, wieder umgekehrt wurde was ihm ermöglichte eines Tages die ganze Welt zu richten und den Tod und das Böse zu zerstören ohne uns zu zerstören.
Präsentation: Schöpfung, Fall, Errettung, Wiederherstellung
4. Ich verwende sie alle und lasse jede Gruppe mich die anderen Präsentationen predigen hören. Eine einzelne Form des Evangeliums gibt alle Aspekte des vollen Evangeliums die gleiche Betonung. Wenn man immer nur eine Form predigt bekommen die Leute eine unbalancierte Sicht. Was ist die Alternative? Predige nicht nur eine Evangeliums-Form! Wenn du auslegend Predigst werden unterschiedliche Passagen ohnehin unterschiedliche Formen des einen Evangeliums enthalten. Predige unterschiedliche Stellen und deine Leute werden alle Punkte hören.
Verwirrt dies die Leute nicht? Nein es lässt sie die anderen Formen leichter verstehen.
Wenn der Postmoderne von Sünde als Götzendienst hört öffnet ihn das für das Konzept, Sünde als Beleidigung Gottes.
Wenn eine eher traditionelle Person die moralische Schuld versteht über das Stellvertretende Erlösungs Opfer Christi und forensische Rechtfertigung hört ist sie getröstet. Aber diese klassischen Lehren haben grundlegende Implikationen für ethnische Beziehungen und liebe für die Armen weil sie allen Stolz und Selbst-Gerechtigkeit zerstören.
Wenn eine eher liberale Person vom Königreich Gottes hört, von der Wiederherstellung der Welt öffnet sie das für Christi Herrschaft und verlangt herausfordernden Gehorsam in ihrem persönlichen Leben.
In Kürze öffnet jede Evangeliums-Form wenn sie trifft eine Person für die anderen Formen des Evangeliums.

by Tim Keller | posted 5/23/2008 http://www.christianitytoday.com/le/2008/spring/9.74.html übersetzt und gekürzt

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