„Wie man Freunde gewinnt“ — biblisch weitergedacht (Teil 2)

In einem vorherigen Blogeintrag haben wir versucht, Dale Carnegies Klassiker Wie man Freunde gewinnt: Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden biblisch zu beleuchten. Wie schon erläutert lautet Carnegies Grundtenor: “Bringe deinem Gegenüber Wertschätzung entgegen—dann wirst du in der Lage sein, ihn für dein Anliegen zu gewinnen!”

Carnegies Ansatz entspringt in erster Linie nicht irgendwelchen psychologischen Überlegungen sondern, wie er in dem Vorwort seines Bestsellers beschreibt, empirischer Untersuchungen von unzähligen Zeitungsartikeln, Unterlagen aus Familiengerichten, den Werken der alten Philosophen und neuen Psychologen und vor allem auch Biographien von großen Politikern und einflussreichen Menschen. In all’ diesen Untersuchungen ging es Carnegie darum herauszufinden, wie diese Menschen mit anderen umgegangen sind und sie so für ihr Anliegen gewinnen konnten.

Aber hier ist der Clue: in diesen Nachforschungen ist Carnegie auf etwas gestoßen, was— wenn wohl auch für ihn unbewusst—Gott in seine Schöpfung, den Menschen, gelegt hat und was sich in seinem Wort widerspiegelt: die positive Auswirkung von Lob und Bestätigung. In seinem Buch Practicing Affirmation: God-Centered Praise of Those Who are Not God (Crossway, 2011) [dt.: Affirmation praktizieren: Gott-zentrierter Lob derer, die nicht Gott sind], das wir auch schon ausführlich in diesem Zusammenhang im ersten Eintrag zitiert haben, schreibt Sam Crabtree dazu:

Nicht nur die Auswirkungen von Affirmation sondern auch jedes effektive Prinzip und jede effektive Dynamik basiert auf dem Gott der Bibel. [Meine] Betonung dessen, was Bestätigung zu tun vermag, und der Wichtigkeit von Anerkennung ist nicht der Versuch, irgendwelche Management-Praktiken oder populär-pyschologische Techniken der Bibel überzustülpen. Die besten Praktiken für Management und zwischenmenschliche Beziehungen sind in der Regel von der Bibel ausgeborgt. Wenn die Welt kurzsichtige und pragmatische Vorteile darin findet, andere zu bestätigen [und wertzuschätzen], dann tut sie, was die weltliche Ideologien schon immer getan haben: sie entscheiden sich für biblische Wahrheiten, um sie dann für eigennützige Zwecke zu verdrehen. Aber trotzt aller Verzehrung und Verdrehung sind die Prinzipien, die die Welt ordnen—eingeschlossen die der Welt des Managements und der Psychologie—, Prinzipien von Gott und sie spiegeln Gott wider.

Wir können also festhalten: Carnegie stösst in seinem Bestseller auf eine Realität, die sich durchaus in Gottes Schöpfung und in Gottes Wort wiederfinden lässt. Wie schon an anderer Stelle betont, kommt Carnegie dabei auf viele Regeln für zwischenmenschliche Beziehungen, die sich durchaus mit einem christlichen Umgang, basierend auf der Bibel, decken (siehe die Liste von diesen Regeln am Ende des ersten Beitrags). Und doch verleitet Carnegies Ansatz schnell dazu, seinen Gegenüber zu loben, um ihn oder sie so zu manipulieren. Und das wirft die interessante Frage auf: wie kann das, was Carnegie beschreibt, umgesetzt werden, ohne dabei Selbstzentriertheit zu fördern? In anderen Worten, wie kann Lob und Anerkennung gestaltet werden, ohne dass sie in unserem Mitmenschen zu einem falschen Denken verleiten? Auch zu dieser Frage ist der Beitrag von Sam Crabtrees Buch wieder sehr hilfreich, aus dem hier jetzt einige Zitate folgen (von mir selbst übersetzt).

Bei aller Ermutigung, unserem Nächsten Anerkennung und Bestätigung entgegen zu bringen, ist Crabtree sich der Gefahr bewusst, dass dies leicht dazu führen kann, dass wir unsere Kinder, Ehepartner, Freunde, Bekannte, etc. darauf trimmen Menschen-gefällig zu leben. Und deshalb betont er immer wieder, wie wichtig es ist, unsere Beziehungen Gott-zentriert und Gott-gefällig zu gestalten. Wir fördern Gott-zentrierte Beziehungen dadurch, dass wir immer wieder betonen, dass es entscheidend ist, dass Gott in jedem von uns am Wirken ist und sein muss, auf dass wir dafür Bestätigung und Affirmation erhalten.

Kinder / Ehepartner / Mitarbeiter sollten nicht zu solchen werden, die nur darauf bedacht sind, es einem recht zu machen (engl. people-pleaser), die sich so sehr nach Anerkennung sehnen, dass sie Prinzipien kompromittieren, um eben diese zu bekommen. Menschen suchen schon nach Bestätigung (aber häufig aus irregeleiteter Motivation) und sollen ja auch Bestätigung suchen (mit Gott ehrender Motivation), also gib ihnen Bestätigung für die rechten Dinge, dafür dass sie basierend auf Gott-wohlgefälligen Prinzipien handeln und nicht Gott-wohlgefällige Wesenszüge (engl. “Character”) verletzen. Ermutige sie darin, ‘Arbeiter zu sein, die sich Gott als bewährt erweisen’.” [Crabtree bezieht sich damit auf 2. Tim. 2, 15]

Wie Crabtree erläutert, ist die Sehnsucht nach Anerkennung  an sich nicht falsch—solange sie der Sehnsucht entspringt, von Gott gelobt und anerkannt zu werden. Und so sollte in unserem Umgang und Lob der Menschen um uns herum diese Sehnsucht gefördert werden. Ein jeder hat hier zu kämpfen, dass die Sehnsucht nach Affirmation nicht zum Teil eines Ego-Trips wird sondern Teil der Sehnsucht bleibt, dass Gott im eigenen Leben groß gemacht wird.

Ist es falsch geliebt werden zu wollen? Nein. Tatsache ist, nicht von Gott geliebt werden zu wollen ist ungläubig [eng. ‘faithless’] und [würde bedeuten] zu erwarten, dass Gott anders als Gott agiert. Von Gott geliebt zu werden ist etwas gutes, und er erhält die Ehre dafür ein herrlicher Liebender zu sein für die, die [eigentlich] nicht liebenswürdig sind. Im Gegensatz dazu wollen Torheit und Sünde uns dazu verleiten zu begehren, nur um unser eigener wegen wertgeschätzt zu werden, weil wir denken, dass wir es verdienen geliebt zu werden. Aus Gott einen unterwürfigen Schmeichler unseres selbstdienenden Ego-Trips zu machen ist götzendienerisch und tödlich. Gleichermassen ist es nicht falsch bemerkt werden, von anderen geschätzt werden, sich bedeutend fühlen, respektiert werden, bekannt sein, Konflikten aus dem Weg gehen, Freundschaften genießen, einen guten Ruf haben, geachtet werden, den Zorn anderer meiden, oder nicht abgelehnt werden zu wollen—wenn unsere Sehnsüchte nach diesen Dingen rein sind—was bedeutet, dass wir Gott als den Geber, die Wurzel und die Quelle sehen, von der solche Dinge ausgehen.

Ermutigung, Bestätigung, Anerkennung, Wertschätzung, Friedfertigkeit und Achtung sollten jede unserer Beziehungen prägen. Aber nur wenn wir dabei Gott, “den Geber jeder guten Gabe” (Jak. 1, 17) im Blickfeld behalten, führt Affirmation zu seinem Gott verherrlichenden Ziel.

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